Die Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit liegt in der Umsetzung der Agenda 2030

Image: Kette

Die Agenda 2030 als Bindeglied

Obwohl die Entwicklungspolitik nur ein Instrument zur Umsetzung der Agenda 2030 ist, trägt sie große Verantwortung bei der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung. Es bedarf nationaler Anstrengungen, internationaler Kohärenz und globaler Partnerschaften über Sektoren und Politikbereiche hinweg. Nur so erhalten nationale und internationale Strategien nicht nur ein neues Label, sondern befördern nachhaltige Entwicklung. Minimalanpassungen werden nicht ausreichen. Fünf Empfehlungen fassen zusammen, was SDG-sensitive Entwicklungszusammenarbeit sein kann.

Agenda 2030 – große Ambitionen

Die Staatengemeinschaft hat im September 2015 eine ambitionierte Agenda mit ehrgeizigen nachhaltigen Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDGs) verabschiedet, in der ökonomische, soziale und ökologischen Standards vereint sind. Die Agenda 2030 ist damit nicht einfach nur eine Anschlussvereinbarung der Millenniumserklärung, sondern sie schafft einen umfassenden Rahmen zur Bewältigung globaler Herausforderungen, wie etwa Nachhaltigkeit; und sie formalisiert die Notwendigkeit der gegenseitigen Unterstützung unabhängig von der Zugehörigkeit zu bestimmten Ländergruppen (Universalität).

Aber selbst ein Jahr nach der Verabschiedung ist für viele die Agenda 2030 immer noch „ein Buch mit sieben Siegeln“. Manche schrecken vor der schieren Menge der 17 SDGs, der 169 Zielvorgaben und der über 200 Indikatoren zur Messung der Fortschritte zurück. Andere munkeln, dass die Ambition es allen Recht zu machen, den Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern ein zu hehres Ziel ist, an dem man grandios scheitern kann. Man scheitert dann, wenn man die Agenda nur als neues Label annimmt, sie aber nicht für Anpassungen von Politiken und Strategien nutzt.

Entwicklungspolitik als Kohärenzinstrument

Zunächst hat die Verabschiedung der Agenda 2030 bereits zur Mobilisierung verschiedener Akteure geführt, die auf nationaler und internationaler Ebene beispielhaft ist und sich über alle Länderkategorien hinweg zieht. So haben bereits 22 Länder im Juli 2016 beim Hochrangigen Politischen Forum für Nachhaltige Entwicklung (High-level Political Forum on Sustainable Development, HLPF) über ihre Umsetzungsstrategien berichtet – darunter Deutschland, aber auch Frankreich, Kolumbien, Marokko und Togo. In diesen Berichten wird deutlich, dass die Agenda über Grundprinzipien der Entwicklungspolitik hinaus, alle relevanten binnen- und außenorientierten Politikfelder (wie beispielsweise Wirtschafts-, Sicherheits- und Außenpolitik) einbezieht.

Ansätze zur Umsetzung

Wollen wir erreichen, dass die Agenda 2030 in allen Politikfeldern umgesetzt wird, sind drei parallele Ansätze nötig:

  1. Nationale Anstrengungen – ausgerichtet auf die integrative Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung;
  2. internationale Kohärenz – d.h. die Werte der Agenda 2030 (Unteilbarkeit von Standards und Allgemeingültigkeit für alle Länder) sind die Grundlage aller Politikbereiche auf internationaler und nationaler Ebene;
  3. internationale Kooperation – durch die Ausrichtung der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit auf die Förderung globaler öffentlicher Güter und die Umsetzung der SDGs

Entwicklungspolitik kann dabei als Instrument der Kohärenz für eine gemeinsame stimmige Umsetzung der Agenda 2030 dienen, denn sie nimmt als Bindeglied zwischen nationalen und internationalen Politiken und Akteuren eine zentrale Rolle ein. Entwicklungspolitische Kooperationen basieren nicht nur auf finanzieller Unterstützung, sondern auf der Vermittlung von Werten und Normen, die maßgeblich für die Erreichung der SDGs sind.

Minimalanforderungen der Agenda 2030

Welche Anforderungen die Agenda 2030 an eine „SDG-sensitive“ Entwicklungszusammenarbeit und damit an die Allokation öffentlicher entwicklungspolitischer Finanzmittel stellt bleibt jedoch vage. Zunächst werden bekannte Minimalanforderungen wiederholt.

Die Geber öffentlicher Entwicklungszahlungen (Official Development Assistance, ODA) verpflichten sich erneut zur Erhöhung des Budgets und das „0,7 Ziel“. Diese Verpflichtung ist allerdings weiterhin nicht bindend. Bisher erreichen nur 6 von 29 Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD) dieses Ziel.

Deutschland gehört nicht dazu, konnte aber im Jahr 2015 eine Quote von 0,5 Prozent (besonders durch den Anstieg der Flüchtlingskosten) erreichen. ODA-Leistungen sollen für eine nachhaltige Entwicklung eine Doppelrolle einnehmen: einerseits sollen besonders gering entwickelten Ländern gefördert werden (mit mindestens 0,15-0,2 Prozent von ODA), da diese kaum Zugang zu anderen Finanzmitteln haben. Andererseits soll ODA zur Mobilisierung zusätzlicher Mittel aus anderen öffentlichen und privaten Quellen dienen.

Wie mit welchen Maßnahmen diese Anforderungen umgesetzt werden sollen, bleibt in der Agenda offen. Damit obliegt es den einzelnen Ländern, in Partnerschaft mit den Entwicklungsländern ihre strategischen Allokationsentscheidungen anzupassen, aber die Unteilbarkeit der SDGs nicht aus dem Blick zu nehmen. Das ODA-Volumen einfach zu erhöhen, ist wünschenswert, wird für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung jedoch nicht ausreichen.

SDG-sensitive Entwicklungszusammenarbeit

Die Entwicklungszusammenarbeit sollte „SDG-sensitiv“ gestaltet werden, indem alle strategischen Entscheidungen kohärent auf die Agenda 2030 ausgerichtet werden. Entwicklungspartner wie Deutschland sollten also folgende Anpassungen durchführen:

  1. Die multilateralen Entwicklungsinstitutionen sollten gestärkt werden, da durch ihre hohe Legitimität zum Beispiel ein fehlender Zugang zu globalen öffentlichen Gütern bereitgestellt und durch gemeinsame Verpflichtungen der Länder Trittbrettfahrerverhalten vermieden werden kann.
  2. Für die Wahl des Partnerlands sollten Geber stärker arbeitsteilig zusammenarbeiten damit gering entwickelte und aufstrebende Länder gleichzeitig unterstützt werden. Globale Partnerschaften und trilaterale Kooperationen können dazu beitragen, dass die internationale Verantwortung aller Akteure durch enge Zusammenarbeit gestärkt wird.
  3. Alle Sektoren der SDGs sollten einerseits durch starke „geberseitige“ Arbeitsteilung und andererseits durch die Berücksichtigung der institutionellen Kapazitäten und der nationalen Prioritäten in den Partnerländern unterstützt werden.
  4. Die Instrumente sollten auf die evidenten Bedürfnisse der Partner und die Wirkung der Zusammenarbeit ausgerichtet werden. Grundlage sollte eine systematische Evidenzbasierung sein, die Lernprozesse für alle Akteure befördert.
  5. Die Verwendung von ODA zur Mobilisierung zusätzlicher Mittel aus anderen öffentlichen und privaten Quellen kann durch die hohen entwicklungsrelevanten Standards, die in der Agenda 2030 formuliert werden, erreicht werden. Setzt man diese konsequent um, können nationale (Steuer-)Systeme gestärkt und private Investitionen in nachhaltige Projekte gelenkt werden.

Die Agenda 2030 bietet also einen universellen Rahmen zur nachhaltigen Gestaltung der Entwicklungszusammenarbeit durch die SDG-sensitive Ausrichtung aller strategischen Fragen. Sie kann zu einer globalen Mobilisierung führen, wenn damit die Chance genutzt wird, nationale Interessen für unser Gemeinwohl zurück zu stellen. Deutschland als einer der größten Geber öffentlicher Entwicklungszahlungen kann und sollte mit gutem Beispiel vorangehen (und zwar jetzt vor dem Hintergrund neuer weltpolitischer Unsicherheiten) und eine kohärente, SDG-sensitive Entwicklungszusammenarbeit zum Maßstab machen.

Image: Alexandra Rudolph

Alexandra Rudolph ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung "Bi- und multilaterale Entwicklungspolitik am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

2 comments

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