Die Zukunft des Entwicklungsforschungs- und UN-Standorts Bonn

Image: Panorama vom UN-Standort

Bilanz des Standorts Bonn

Die Zukunft des Entwicklungsforschungs- und UN-Standorts Bonn erklärt sich mit seiner Bilanz. Das Schlüsseljahr ist 1991. Die künftige Entwicklung dieser Bonner Charakteristika ist untrennbar mit den wiederkehrenden Diskussionen um das Bonn/Berlin-Gesetz verbunden.

 

 

Als Bonner Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie im Bildungs- und Forschungsausschuss habe ich zur Zukunft Bonns als Entwicklungsforschungs- und UN-Standort einen ganz besonderen Zugang, sind doch beide Themen für die gesamte Stadt von enormer Bedeutung. Auch wenn dies für Außenstehende auf den ersten Blick nicht direkt sichtbar sein mag – ein Zustand, den es nebenbei gesagt zu beseitigen gilt – ist Bonn in beiden Bereichen in den vergangenen Jahren unglaublich gewachsen. Erst kürzlich durfte dies auch unser Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller MdB, hautnah erleben. Auf meine Einladung hin war er Mitte März nach Bonn gekommen. Nach eigenen Worten „innerlich auf ein Gespräch mit wenigen Pionieren bei einem Viertel Wein eingestellt“ (General-Anzeiger vom 17. März 2017), traf er auf einen Expertenkreis der Entwicklungszusammenarbeit von über 200 Personen.

UN-Standort Bonn

Nicht nur hier zeigte sich deutlich: Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und die damit verbundene Forschung hat in Bonn einen Standort gefunden, der sich hervorragend entwickelt hat. Die Ansiedlung zahlreicher weiterer Nichtregierungsorganisationen sowie einer Vielzahl von UN-Organisationen sind sowohl Folge als auch Ursache dieser für Bonn so positiven Entwicklung und prägen diese mit. Dass diese Entwicklung noch keinesfalls abgeschlossen ist und der Pfad weiter beschritten wird, zeigt die Ankündigung von Li Yong, Chef der UN-Organisation für Industrielle Entwicklung, am 3. Mai 2017 in Bonn das Büro für Investitions- und Technologieförderung zu eröffnen. Die Zahl der Bonner UN-Organisationen erhöht sich damit auf 20. Diese Zahl sollte jedoch nur eine Zwischenetappe darstellen. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass es noch mehr werden.

Erfahrungen und Erfolge wie diese hängen alle mit dem 20. Juni 1991 zusammen, einem Tag, der von vielen Beobachtern für Bonn zunächst vor allem mit „großen Herausforderungen“ (Informationsdienst der Bundesstadt Bonn 2017) assoziiert wurde. Beschlossen wurde der Umzug großer Teile der Regierung von Bonn nach Berlin, umgesetzt wurde dies dann 1994 mit dem Berlin/Bonn-Gesetz. Zukunftsweisend heißt es hier, dass „durch die Übernahme und Ansiedlung neuer Funktionen und Institutionen von nationaler und internationaler Bedeutung im politischen, wissenschaftlichen und kulturellen Bereich sowie durch Unterstützung bei notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen“ (Berlin/Bonn-Gesetz § 6) Bonn einen angemessenen Ausgleich für den Verlust des Parlaments- und Regierungssitzes erfahren soll. Weiter wird ausgeführt, dass der Ausgleich für Bonn u.a. in den Bereichen Wissenschaft und Entwicklung sowie durch nationale, internationale und supranationale Einrichtungen erfolgen soll. Die heute deutlich erkennbaren Synergieeffekte sind also schon hier angelegt; für die Zukunft gilt es, diese weiter zu forcieren.

Schwerpunktthema Entwicklungsforschung

Der Status als Entwicklungsforschungs- und UN-Standort kommt damit nicht von ungefähr, sondern ist gesetzlich festgeschrieben, auch wenn sich Ansätze in diese Richtung natürlich schon vorher in Bonn gezeigt haben – die ersten UN- Organisationen haben sich bereits 1951 am Rhein niedergelassen. Verstärkt kam es hierzu jedoch in Folge des Berlin/Bonn-Gesetzes. Das Gleiche gilt auch für die Entwicklungsforschung. So wurde das Zentrum für Entwicklungsforschung als international und interdisziplinär ausgerichteter Think Tank 1995 im Rahmen des Bonn-Berlin-Ausgleichs gegründet. Doch nicht nur Neugründungen waren im Bereich der Entwicklungsforschung die Folge des Berlin/Bonn-Gesetztes. Das beste Beispiel ist hier das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), das im Jahr 2000 nach Bonn umzog.

Zukunft des Berlin/Bonn-Gesetzes

Für die Zukunft richtet sich damit der Blick beinahe zwangsläufig auch auf die immer wiederkehrende Frage nach der Zukunft des Berlin/Bonn-Gesetzes. Zumindest zwei Aspekte müssen hier aus Bonner Perspektive langfristig sichergestellt werden. Zum einen muss die Unterstützung der für Bonn wesentlichen Kompetenzbereiche verbindlich geregelt werden. Dabei geht es vor allem auch um die beiden Bereiche Wissenschaft und Internationales. Zum anderen dürfen wir nicht hinter bestehende Regelungen und die Aussagen des Gesetzes zurückfallen, genauer formuliert: Alle Ministerien müssen wie im Gesetz beschrieben in Bonn verbleiben. Nur aus diesem Grund ist es überhaupt gelungen, Bonn als Entwicklungsforschungs- und UN-Standort zu etablieren. Oder anders gesagt: Die UNO und viele Organisationen sind nach Bonn gekommen, weil die Ministerien hier waren. In Zukunft sollten die Ministerien in Bonn bleiben, weil die UNO und die Organisationen da sind.

Um den Standort in Zukunft zu erhalten und auszubauen, lohnt es sich also für die Einhaltung des Berlin/Bonn-Gesetzes zu kämpfen. Das allein ist jedoch nicht genug. Politisch und finanziell wurde 2016 mit 17 Millionen Euro des Bundes ein wichtiges Zeichen für den Ausbau des internationalen Standorts Bonn gesetzt. Daneben werden die Vereinten Nationen finanziell bei der Durchführung von Konferenzen und Tagungen im World Conference Center Bonn (WCCB) unterstützt. Mit dem WCCB verfügen wir in Bonn über modernste Tagungs- und Kongressinfrastruktur vor historisch-politischer Kulisse. Diese muss nun genutzt werden, um Bonn als UN- Standort auch international zu vermarkten und sichtbar zu machen. In Bonn gab es bereits eine Reihe wichtiger Großveranstaltungen. Im November wird die Klimakonferenz der UN stattfinden. Dies gilt es weiter auszubauen.

Gaststaatsgesetz

Daneben brauchen wir für internationale Organisationen ein Gaststaatsgesetz, um für sie die Rahmenbedingungen zu verbessern. Welche Wirkung dies haben kann, wurde jüngst deutlich: Durch einen neuen Rechtsstatus der Internationalen Naturschutzunion konnte die drohende Verlegung der Nichtregierungsorganisation und ihrer Mitarbeiter von Bonn nach Genf verhindert werden. Langfristig muss es durch derlei Maßnahmen das Ziel sein, neben New York, Genf, Nairobi und Wien auch zum offiziellen UN-Sitz zu werden. Wichtig wird dabei besonders das Thema nachhaltige Entwicklung sein: Nicht weniger als 169 nachhaltige Entwicklungsziele sollen bis 2030 von möglichst allen Ländern dieser Welt umgesetzt werden. Die Koordinierungsstelle hierzu sitzt seit Kurzem in Bonn, womit wir ins Zentrum dieses globalen Masterplans für eine bessere Welt rücken. Diese Aufmerksamkeit müssen wir künftig verstärkt nutzen. Nicht nur für den UN-Standort Bonn sind solche Schritte ein wichtiges Zeichen. Auch der Entwicklungsforschungsstandort würde profitieren und somit noch mehr als heute zu dem generellen Wissenschaftsstandort Bonn beitragen können.

Als UN-Entwicklungsstandort steigt die Attraktivität als Standort für die damit verbundene Forschung. Beide Entwicklungen bedingen sich daher gegenseitig und sollten so auch künftig von der Politik gefördert und unterstützt werden.

Image: Claudia Lücking-Michel

Claudia Lücking-Michel ist seit 2013 CDU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Bonn und Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

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